Diskussion

Teil III


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4.3 Enzyme der Haemocyten

4.3.1 Phenoloxidase (PO) - Peroxidase (Px)

Von großer Bedeutung für das Immunsystem der Evertebraten ist die Phenoloxidase und ihre Aktivierungskaskade. Einzig die Chelicerate schienen eine Ausnahme zu bilden: Bei Xiphosuren (ARMSTRONG 1991) und einer Zecke (SCHWÄGERL 1991) war keine bzw. fast keine PO-Aktivität nachweisbar. Erst kürzlich konnten NELLAIAPPAN & SUGUMARAN (1996) PO auch bei Limulus nachgeweisen.

Komponenten der PO-Aktivierungskaskade - die schließlich eine Pro-PO in aktive PO überführt - sind auch an der Fremderkennung, der Opsonierung des Fremden und der Stimulierung von Haemocyten beteiligt (SÖDERHÄLL & SMITH 1986 a, b; ASHIDA & YAMAZAKI 1990). Allerdings sind Fremderkennung und Kapselbildung nicht auf das PO-System angewiesen, wie Drosophila-Mutanten mit defektem PO-System zeigen (RIZKI & RIZKI 1990).

Die Präparationsmethoden haben die Pro-PO direkt und artifiziell aktiviert (ASHIDA & YAMAZAKI 1990), ohne daß - wie bei natürlicher Aktivierung - ein Peptid abgespalten wurde. Hier wird also von PO-Aktivität gesprochen, weil der Nachweis nur Aktivitäten zeigt und nicht zwischen Pro-PO und PO differenziert.

PO-Aktivität in Haemocyten von 'Myriapoden' wurde bei Diplopoden zum ersten Mal von BOWEN (1968) nachgewiesen, später auch in Haemocyten bzw. in der Haemolymphe anderer Diplopoden (KRISHNAN & RAVINDRANATH 1973; RAVINDRANATH 1973; XYLANDER & BOGUSCH 1992). Dagegen gibt es über PO der Chilopoden-Haemolymphe bislang nur wenige Angaben (NEVERMANN et al. 1991; NEVERMANN 1992; NEVERMANN & XYLANDER 1992; XYLANDER & NEVERMANN 1993).

Es soll betont werden, daß die PO-Aktivität der Chilopoden-Haemolymphe sehr gering ist. Chilopoden-Haemolymphe zeigt im Gegensatz zu der von einigen Insekten kaum Melanisierung, wenn sie z.B. im Lysishoftest auf Lysozym eingesetzt wird (nicht veröffentlichte eigene Beobachtung). Auch in den histochemischen Präparaten ist die PO-Aktivität der Chilopoden-Haemocyten schwächer als die der Diplopoden.

Während bei Chicobolus spec. und Rhapidostreptus virgator nach 1 h Inkubation bereits eine deutliche Färbung PO-aktiver Haemocyten eintritt (XYLANDER 1992 b), müssen Chilopodenpräparate wesentlich länger inkubiert werden (S. cingulata bis 20 h), um gut auswertbare Färbungen in den Haemocyten zu erhalten.

Als Substrat für die PO wurde Dopa verwendet, das als Standardsubstrat gilt und sowohl von Tyrosinase (EC 1.10.3.1, o-Diphenol: O2 Oxidoreduktase und EC 1.14.18.1, Monophenol: O2 Oxidoreduktase) als auch von Laccase (EC 1.10.3.2, p-Diphenol: O2 Oxidoreduktase und o-Diphenol: O2 Oxireduktase) umgesetzt werden kann (ASHIDA & YAMAZAKI 1990; NAPPI & SUGUMARAN 1993). Im Vergleich zu anderen Substraten wurde es von der Haemolymphe-PO der Diplopoden besonders gut umgesetzt (XYLANDER 1992 b).

Die histochemischen Bilder PO-aktiver Haemocyten von L. forficatus und S. cingulata unterscheiden sich zunächst nicht deutlich. Doch bei L. forficatus sind fast 90 %, bei S. cingulata aber nur 35 % aller Haemocyten PO-aktiv. Bei Diplopoden variiert ihre Häufigkeit zwischen 10 % (BOWEN 1968) und etwa 65% (XYLANDER 1992 b).

Die Verteilung der PO-Aktivität auf Haemocyten und Plasma ist je nach Taxon unterschiedlich. Bei Manduca sexta (SAUL et al. 1987) und ebenfalls bei Dipteren (VEY 1993) soll die PO-Aktivität frei im Haemolymphe-Plasma vorkommen. Dagegen wird die PO z.B. bei Blaberus craniifer (LEONARD et al. 1985), bei Crustaceen (SÖDERHÄLL & SMITH 1986 b) und Diplopoden (XYLANDER 1992 b) vollständig oder größtenteils in den Haemocyten gespeichert. Bei den Crustaceen sind Granulocyten und Semigranulocyten, bei den Chilopoden ebenfalls hauptsächlich Granulocyten und bei Diplopoden Granulocyten und zahlreiche Prohaemocyten PO-positiv (XYLANDER 1992 b). Im Gegensatz dazu sind es beim Seidenspinner Bombyx mori und anderen Lepidopteren vor allem die Oenocytoiden und weniger die Plasmatocyten, die PO beinhalten, während Granulocyten hier PO-negativ sind (ASHIDA et al. 1988; TRENCZEK pers. Mitteilung).

In nicht nachkontrastierten EM-Bildern war bei L. forficatus eindeutig zu erkennen, daß nicht nur das Cytosol der PO-aktiven Zellen geschwärzt wird, sondern auch das Lumen einiger Grana. Bei S. cingulata ist dagegen schon im LM-Bild klar, daß die Grana negativ sind. Auch bei Bombyx (ASHIDA et al. 1988) und Periplaneta (VOLKMANN 1991) ist PO im Cyto- und Nucleoplasma der Zellen nachweisbar, aber nicht in Grana. Bei dem Krebs Pacifastcus leniusculus wurde PO immunhistochemisch nicht im Cytosol, sondern in den Grana der semigranulären und granulären Haemocyten gefunden (BEAUVAIS, zit. in GÖTZ 1991); dennoch haben LANZ et al. (1993) PO-Aktivität nur im Cytosol der entsprechenden Haemocyten von Procambarus clarki gefunden. Bei Mytilus edulis kommt PO-Aktivität in den Grana (COLES & PIPE 1994) und bei Nereis diversicolor besonders stark im Goli-Komplex und tubulären Vakuolen vor (PORCHET-HENNERÉ & VERNET 1992). Diese (z.T. widersprüchliche) Verteilung der PO innerhalb der Haemocyten verschiedener Evertebraten deutet an, daß es in der Evolution zu einer Verschiebung der PO aus den Grana in das Cytosol gekommen sein mag.

Bei den Tracheaten kann die PO nicht mehr - wie oft angenommen und bei Krebsen möglich - exocytotisch aus den Zellen in das Haemolympheplasma gelangen, sondern nur durch Zerfall der Zellen. Wie die PO bei Insekten tatsächlich freigesetzt wird, ist noch unbekannt und wird z.Z. untersucht (TRENCZEK pers. Mitteilung zu Anfrage von ASHIDA).

Nach Auftrennung von Haemolympheproben in der SDS-PAGE, Renaturierung und Inkubation der Gele mit Dopa-Lösung erscheint die PO-aktive Bande der L. forficatus-Haemolymphe bei einem MW von fast 200 kDa. Bei S. cingulata wurde eine PO-aktive Bande bei 150 und eine zweite bei 90 kDa beobachtet, beide sehr schwach. Für L. forficatus und Diplopoden wurden von XYLANDER (1992 b) ca. 230 kDa für die PO-aktiven Banden angegeben. Nun traten in manchen Gelen bei L. forficatus im oberen Bereich verschmierte PO-Banden auf, die bis zur Oberkante der 5-20 % Gradientengele reichten und 'Molekulargewichten' von mehr als 250 kDa entsprechen. Dies ist wahrscheinlich mit der Bildung von Aggregaten der (schon während der Präparation) natürlich aktivierten PO zu erklären und auch bereits von HUGHES & PRICE (1975) beschrieben worden.

Verglichen mit den Daten für Insekten (Übersichtsangaben bei ASHIDA & YAMAZAKI 1990 und XYLANDER 1992 b) hat die L. forficatus-PO ein ziemlich hohes MW; typisch für Insekten sind Werte von 66-87 kDa. Diese niedrige MW sind aber z.T. Angaben für Untereinheiten in die native Di- oder Polymere durch die SDS-PAGE aufgetrennt worden sind. Bei Musca domestica wurden zwei native PO von 320 u. 330 kDa mittels Gelfiltration gefunden, die durch SDS-PAGE in Untereinheiten von 60 kDa getrennt werden (HARA et al. 1993). Bei Krebstieren gibt es Haemolymphe-PO von 42-350 kDa, von denen die großen ebenfalls für Polymere gehalten werden (NELLAIAPPAN et al. 1989).

Die L. forficatus-PO wird in der SDS-PAGE offenbar nicht in Untereinheiten getrennt. Entweder ist hier die Bindung so stark, daß sie von SDS allein nicht getrennt wird (es wurden ja keine disulfidbrücken-reduzierende Agenzien eingesetzt), oder sie ist tatsächlich ein Monomer. Außerdem kann angenommen werden, daß das 200 kDa-Protein der ProPO entspricht, da bei Präparation der Haemolymphe mit EDTA und PMFS die natürliche Aktivierung blockiert war. In Haemolympheproben, die mit Probenpuffer ohne EDTA und PMFS hergestellt werden, erscheint die PO-Bande mit etwas geringerem Molekulargewicht. Vermutlich wird auch bei Chilopoden durch eine aktivierende Protease ein Teilstück von der ProPO abgetrennt.

Die beiden schwachen PO-aktiven Banden, die bei S. cingulata auftraten, könnten Untereinheiten einer heterodimeren PO darstellen. Sie repräsentieren aber wohl zwei völlig verschiedene Proteine. Eventuell handelt es sich gar nicht um PO, sondern um eine Dopachrom-Tautomerase (~Isomerase), die das durch Autooxidation in der Lösung entstandene Dopachrom in 5,6-Dihydroxiindol umsetzt und so die Melaninbildung beschleunigt. Von Insekten sind solche Isomerasen bekannt (s. NAPPI & SUGUMARAN 1993; NELLAIAPPAN et al. 1994).

Bei Insekten kommt aber außer der Tyrosinase, die Monophenole und o-Diphenole umsetzt, auch Laccase vor, die p- und o-Diphenole und Aminophenole umsetzen kann (ASHIDA & YAMAZAKI 1990; NAPPI & VASS 1993). Diese Laccaseaktivität ist bei Insekten fest an die Kutikula gebunden und nicht in der Haemolymphe vorhanden. Auch für die 'Myriapoden' kann angenommen werden, daß die Haemolymphe-PO dem Tyrosinasetyp angehört.

Nach der PAGE wurde Peroxidaseaktivität an den gleichen Stellen im Gel gefunden wie PO-Aktivität, und die langsame Umsetzung von DAB ohne H2O2 deutet auf eine Laccaseaktivität hin. Es muß daher gefragt werden, ob PO oder Px in der Haemolymphe vorhanden ist, denn es ist möglich, daß Peroxidasen die gleichen Substrate umsetzen wie Tyrosinasen und Laccasen (NAPPI & VASS 1993; COLES & PIPE 1994).

Die inhibitorische Wirkung von PTU auf PO- und Px-Gelen deutet auf Kupfer im katalytischen Zentrum der Enzyme, also auf eine PO hin, denn Katalasen und Px haben Häm-Gruppen im aktiven Zentrum (NAPPI & SUGUMARAN 1993; NAPPI & VASS 1993). Auch das Fehlen eines Reaktionsprodukts bei Inkubation mit Tropolon in der Dopa-Lösung - selbst nach Zugabe von H2O2- läßt auf PO schließen, denn Tropolon ist ein Inhibitor der PO, kann aber als Substrat für Px dienen (KAHN 1985). Bei S. cingulata scheint die inhibitorische Wirkung von Aminotriazol stärker zu sein als bei L. forficatus, und das mag bedeuten, daß beide Banden von S. cingulata Katalasen mit Peroxidase- und Dopaoxidaseaktivität sind.

Der Vergleich der histochemischen Verteilung von PO- und Px-Aktivität macht nun ebenfalls klar, daß tatsächlich in unterschiedlichen Kompartimenten unterschiedliche Enzymaktivitäten auftreten: Bei beiden Chilopoden ist die PO-Aktivität vornehmlich im Cytosol, die Px-Aktivität in Grana anzutreffen. Eine entsprechende Verteilung wurde auch bei Periplaneta americana gefunden (VOLKMANN 1991). Erklärt werden kann der Widerspruch, der sich aus der unterschiedlichen Verteilung der Enzymaktivitäten im histologischen Bild und in der PAGE ergibt, in Anlehnung an einem Artikel von CHARALAMBIDIS et al. (1994): Vier larvale Tyrosinasen und eine Laccase der Mittelmeerfruchtfliege Ceratitis capitata haben alle das gleiche MW von 93 kDa in der SDS-PAGE; alle werden von einem polyklonalen AK gegen die Serum-Tyrosinase desselben Tiers markiert, und obwohl die vier Tyrosinasen die gleiche Substratspezifität haben, unterscheiden sie sich 1. in ihrem Vorkommen (Fettkörper, Integument, Serum, Haemocyten), 2. in ihrer Aktivitäten/mg, 3. in der unterschiedlichen Glycosylierung und 4. in ihrer 'Klebrigkeit' gegenüber Bakterien.

Es ist also durchaus möglich, daß in der SDS-PAGE mehrere Proteine unterschiedlicher Herkunft und Spezifität in einer Bande co-migrieren, und daß (zumindest bei L. forficatus) die PO/Px-Aktivitäten von mehreren sehr ähnlichen und gleich großen Proteinen hervorgerufen werden. Diese kommen aber in den Haemocyten in unterschiedlichen Kompartimenten vor und verhalten sich dort in ihrer Aktivität gegenüber den Substraten verschieden.

4.3.2 Lysozym

Lysozym (E.C. 3.2.1.17) ist eine N-Acetylmuramyl-Hydrolase, die den Mureinsacculus von grampositiven Bakterien lysieren kann, indem sie diese Polysaccharidstruktur, die die Bakterien als Zellwand umgibt, zwischen dem N-Acetylglucosamin und der N-Acetylmuraninsäure spaltet. Es wurde 1922 von FLEMING nicht nur bei Säugetieren, sondern auch bei Pflanzen beschrieben. Seitdem sind Nachweise von Lysozymaktivitäten auch von sehr vielen Insekten, anderen Evertebraten, Blütenpflanzen, Pilzen, Bakterien und sogar Bakteriophagen beschrieben worden (MOHRIG & MESSNER 1968; JOLLÈS & JOLLÈS 1984). Von anderen antibakteriellen Substanzen der Arthropoden unterscheidet es sich darin, daß es oft in Tieren in einer gewissen Konzentration andauernd vorhanden ist. Nach einer Verletzung oder Infektion kann seine Konzentration stark ansteigen (MOHRIG & MESSNER 1968; BOMAN & HULTMARK 1987; GÖTZ & TRENCZEK 1991). Die lytische Aktivität gegenüber lMl ist ein wichtiges Kriterium zur Charakterisierung von Lysozym. Allerdings kann Lysozymaktivität durch andere Enzyme vorgetäuscht werden, z.B. durch Chitinasen (EC 13.2.1.4, b-1,4-Acetylhexosamidase). Lysozym ist ein stark basisches, kleines Protein, das in saurer Lösung hitzebeständig, in basischer aber hitzelabil ist (GÖTZ & TRENCZEK 1991). Die Aminosäurensequenzen verschiedener Insekten-Lysozyme zeigen große Ähnlichkeit mit dem 'chicken-Typ-Lysozym' (Hühner-Eiklar-Typ) und haben 'Molekulargewichte' von 13,8 bis 16,5 kDa (GÖTZ & TRENCZEK 1991; HULTMARK 1993; KAAYA 1993; MULNIX & DUNN 1994; LEE & BREY 1995). Das L. forficatus-Lysozym gehört mit 15,2 kDa wie die Lysozyme anderer 'Myriapoden' (Rh. virgator: 15,5 kDa, S. cinguata: 16,5 kDa, Lithobius: 16 kDa; XYLANDER 1992 b) auch zum c-Typ-Lysozym.

An nichtimmunisierten Chilopoden und Diplopoden haben XYLANDER & NEVERMANN (1990) gezeigt, daß L. forficatus und Scolopendra oraniensis eine höhere Lysozym-Grundaktivität in der Haemolymphe haben als Rhapidostreptus virgator, und bei Chicobolus war sogar überhaupt keine lytische Aktivität mit lMl erkennbar.

In der Literatur gibt es recht unterschiedliche Aktivitätsangaben, und es werden auch große Unterschiede innerhalb einer Art beschrieben. Die Werte lassen sich aber oft schlecht miteinander vergleichen: Zum einen haben Standardlysozyme unterschiedliche Aktivitäten pro mg, zum andern werden enzymatische Einheiten von den Autoren immer wieder anders definiert und bestimmt (u.a. RUSSELL & DUNN 1990; FENOUIL & ROCH 1991; GÖTZ & TRENCZEK 1991; TRZISZKA & CLOSTERMANN 1993; GOVEN et al. 1994; LA PEYRE et al. 1995). Dennoch ist erkennbar, daß die Lysozymaktivitäten anderer Evertebraten (außer Insekten) ähnlich niedrig sind wie bei den 'Myriapoden'. Für die Süßwasserschnecke Planorbarius corneus gibt OTTAVIANI (1991) einen Wert von 2 µg/ml an, und bei Lumbricus terrestris (GOVEN et al. 1994) wurden ca. 3 µg/ml in der Coelomflüssigkeit und ca. 7 µg/ml im Coelomocytenextrakt gefunden. Bei Insekten sind die Werte dagegen oft erheblich höher. Bei G. mellonella weisen 80,4 % der Tiere ohne vorherige Immunisierung zwischen 50 und 500 µg/ml und noch 2,4 % der Tiere über 1000 µg/ml Lysozym in der Haemolymphe auf (MOHRIG & MESSNER 1968).

Die Lysozymaktivität der S. cingulata-Haemolymphe ist nur äußerst schwach auf lMl-Gelen nachweisbar, offenbar haben diese Tiere viel weniger Lysozym als die früher untersuchten S. oraniensis. Dagegen war der Nachweis von L. forficatus-Lysozym auf lMl-Gelen leicht möglich, und es kann nach Trennung von Haemocyten und Plasma auf der lMl-PAGE gezeigt werden, daß die Lysozymaktivität ausschließlich in den Haemocyten lokalisiert ist.

Auch bei Locusta migratoria ist das Lysozym in den Haemocyten vorhanden und wird dort wohl auch synthetisiert (ZACHARY & HOFFMANN 1984). Bei Crustaceen fanden FENOUIL & ROCH (1991) die Lysozymaktivität hauptsächlich in den Haemocyten, aber auch einen recht großen Anteil im Plasma. Im Gegensatz dazu haben DUNN et al. (1985) wahrscheinlich gemacht, daß bei Manduca sexta Lysozym in den Haemocyten nur transportiert, aber im Fettkörper produziert wird.

Bei der Zecke Ixodes ricinus wurde lysozymartige Immunreaktivität besonders in den Grana phagocytoseaktiver Granulocyten (KUHN & HAUG 1994) gezeigt, und auch bei L. forficatus sind es Granulocyten und Plasmatocyten, deren Grana markiert wurden. Bei S. cingulata ist die Markierung schwächer als bei L. forficatus, es werden aber hauptsächlich die instabilen Discoiden Haemocyten markiert, und die Immunreaktivität ist weniger auf Grana beschränkt. Bei Locusta migratoria kommt Lysozym in den Grana der Coagulocyten und Granulocyten vor (ZACHARY & HOFFMANN 1984). Bei der Degranulation der Coagulocyten (sie entsprechen funktionell den Plasmatocyten und Discoiden Haemocyten der Chilopoden) kann Lysozym also schnell ausgeschüttet werden. Lysozymartige Immunreaktivität kommt demnach bei Chilopoden, Insekten und Zecken offenbar in den Haemocytentypen vor, die degranulieren/fragmentieren und phagocytoseaktiv sind. Entsprechend sind die Sphaerulocyten von L. forficatus, die sich kaum an Immunreaktionen beteiligen, lysozymnegativ; warum bei S. cingulata kein Lysozym in Granulocyten gezeigt werden konnte, bleibt unklar.

4.3.2.1 Western Blot

Die Spezifität des Anti-Lysozym-AK für L. forficatus-Lysozym konnte mit dem Western Blot nicht abgesichert werden, sondern es zeigten sich Kreuzreaktionen in Bereichen höherer 'Molekulargewichte'.

Die vom Hersteller gelieferten Angaben zu Kreuzreaktionen mit Nicht-Human-Lysozymen sind in Tab. 8 zusammengefaßt, wobei nicht bekannt ist, welche Gewebe der Säuger untersucht wurden. Negative Ergebnisse könnten darauf zurückzuführen sein, daß in den getesteten Geweben Lysozym des g-Typs (von 'goose egg white'; 20,5 kDa) vorlag, wie es z.B. in der Niere des Schweins und der Bauchspeicheldrüse von Katze, Rind und Ziege vorkommt (AUDY et al. 1989). Weiterhin ist der Anti-Lysozym-AK von anderen Autoren erfolgreich eingesetzt worden, um die Verteilung von lysozymartiger Immunreaktivität innerhalb von Haemocyten und Nephrocyten darzustellen (OTTAVIANI 1991; KUHN & HAUG 1994; ZANGER 1995). Der AK zeigt offenbar mit Evertebraten-Lysozym Wechselwirkung (s. Tab. 8). Und schließlich zeigt der Western Blot, daß der AK auch eine selektive Bindung an Hühner-Eiklar-Lysozym aus den MW-Standards SDS-6 und SDS-K hat.

Der Anti-Lysozym-AK von DAKO ist also nicht Human-Lysozym spezifisch, sondern bindet vielmehr an die c-Typ-Lysozyme verschiedenster Vertebraten und Evertebraten.

Tab. 8: Bekannte Kreuzreaktionen des Anti-Human-Lysozym-AK von DAKO
Kreuzreaktion mit +/- Methode Angabe von
Vertebrata      
'Baboon' + IC DAKO
'Cat' - IC DAKO
'Cow' - IC DAKO
'Dog' + IC DAKO
'Horse' + IC DAKO
'Monkey' + IC DAKO
'Mouse' - IC DAKO
'Rat' - IC DAKO
'Swine' - IC DAKO
HEWL SDS-6 (aktiv) + WB diese Arbeit
HEWL in SDS-K (inaktiv) + WB diese Arbeit
Evertebrata      
Schnecke, Planorbarius corneus +, + IC, ELISA OTTAVIANI 1991
Zecke, Ixodes ricinus +, + IG, IF KUHN & HAUG 1994
Kanker, Leiobunum rotundum + IG ZANGER 1995
S. cingulata + IC diese Arbeit
L. forficatus +, -? IC, WB diese Arbeit

HEWL = Hühner-Eiklar-Lysozym,
IC = Immuncytochemisch,
IF = Immunofluoreszenz,
WB = Western Blot

Wahrscheinlich ist die Empfindlichkeit des AK zu gering, um die kleine L. forficatus-Lysozym-Menge im Western Blot zu zeigen, denn selbst die vergleichsweise große Lysozymaktivität im SDS-6 wurde nur als schwache Bande sichtbar.

Die Kreuzreaktionen im Bereich hoher MW auf der Nitrocellulose lassen sich mit der 'Klebrigkeit' der PO erklären: Aktivierte PO kann kovalente Aggregate mit sich selbst und Plasmaproteinen eingehen. Experimentell ist das u.a. auch mit Lysozym möglich (ASHIDA & YAMAZAKI 1990). Womöglich hat also der AK tatsächlich an Lysozym gebunden.


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Copyright © 1996 Dr. L. Nevermann
[ Letzte Aktualisierung 29.07.00 ]